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Volkmar Wirth 

 

 

In den Tiefen des Alltags


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02.03.2024

ABTRETER

Zum Weihnachtsfest habe ich einen Abtreter bekommen. Einen, den ich vor meine Wohnungstür legen kann, damit sich meine Gäste ihre Schuhe abputzen. Was ich dann auch tat. Das Geschenk legte ich vor die Tür. So ein Abtreter ist wahrscheinlich das einzige Geschenk, was man klaglos, kaum hat man es vom Geschenkpapier befreit, vor die Tür legen kann. Und der Geschenkgeber findet das nicht mal unhöflich, er erwartet das Aussetzen sogar.
Kaum lag mein Geschenk also vor der Tür, klingelte es auch schon.
„Sie haben aber einen schönen Abtreter“, sagte meine Nachbarin. „Wer so einen schönen Abtreter hat, ist sicher ein netter Mensch. Wollen wir nicht mal einen Kaffee trinken?“
Ich war mehr als überrascht. Sonst übersieht mich die Frau, wenn wir uns im Treppenhaus begegnen. Erst vor zwei Tagen schoss die Frau den Vogel ab, als sie mich fragte: „Zu wem wollen Sie?“
Da ich ein netter Mensch bin, sagte ich: „Klar! Kommen Sie rein.“
Dabei dachte ich: „Verdammt! Hätte ich mir doch den Abtreter mit dem Spruch gewünscht.“
Der Weihnachtsmann hatte mich in weiser Voraussicht der möglichen Katastrophen noch gefragt, ob ich einen Abtreter mit oder ohne Spruch haben möchte.
Der Spruch lautete: `Herzlich willkommen. Wäre übertrieben.`



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